Münsterland/Emscher-Lippe-Region. – Während hohe Energie- und Rohstoffpreise der Wirtschaft mehr und mehr zusetzen, können sich die allermeisten Unternehmen im Münsterland und der Emscher-Lippe-Region zumindest auf gleichbleibende Belastungen durch die Gewerbesteuer einstellen. 72 der 78 Städte und Gemeinden im IHK-Bezirk Nord Westfalen haben es 2022 bei den Hebesätzen des Vorjahres belassen. Vier Kommunen haben die Steuerlast auf Gewinne, die Unternehmen im laufenden Jahr erwirtschaften, sogar leicht gesenkt. Zwei haben sie allerdings auch spürbar erhöht. Das hat eine Umfrage der IHK Nord Westfalen bei den Kommunen in ihrem Bezirk ergeben.
Für IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel kommt das Ergebnis nicht überraschend. „Sicherlich wäre 2022 ein guter Zeitpunkt gewesen, die Unternehmen zu entlasten und so Wirtschaftsstandorte zu stärken“, sagt er. Denn die Corona-Pandemie und jetzt auch noch der Krieg in der Ukraine setzten die Unternehmen massiv unter Druck. Jaeckel weiß aber auch, „dass die Kommunen für Steuersenkungen aktuell wenig Spielraum haben“. Denn die Krisen schränkten auch ihre finanziellen Möglichkeiten ein. „Darum ist es eine gute Nachricht, dass nur zwei Kommunen die Gewerbesteuerschraube anziehen, um ihre Einnahmesituation kurzfristig zu verbessern.“
Jaeckel erinnert aber daran, dass der durchschnittliche Gewerbesteuerhebesatz im IHK-Bezirk Nord Westfalen (450) deutlich über dem im Bund (400) liegt. In Grenzregionen sei das Gefälle sogar eklatant. „Unternehmen etwa im Kreis Steinfurt müssen oft nur ein paar Kilometer weiter nach Niedersachsen schauen, um attraktive Standorte mit deutlich geringeren Gewerbesteuerhebesätzen zu finden“, beschreibt er die Situation.
Gerade vor diesem Hintergrund bezeichnet Jaeckel es als „bedauerlich“, dass die Stadt Ochtrup im Kreis Steinfurt eine sehr deutliche Anhebung des Hebesatzes von 410 auf 450 Punkte beschlossen hat. Für eine in Ochtrup ansässige GmbH mit einem Jahresgewinn von 100.000 Euro steigt damit der Gewerbesteuerbetrag von 14.350 Euro (2021) auf 15.750 Euro (2022). Das sind rund zehn Prozent mehr. Auch die zweite Kommune, die die Hebesätze erhöht hat, liegt im Kreis Steinfurt: In Lotte steigt er um 15 auf 435 Punkte.
Dass sich mit Ahaus, Sassenberg, Vreden und Ascheberg vier Kommunen zu einer leichten Senkung der Gewerbesteuer um jeweils vier Punkte entschlossen haben, bezeichnet Jaeckel hingegen als „gutes Signal“ an die Wirtschaft. „Überdurchschnittlich hohe Gewerbe- und Grundsteuerhebesätze schwächen die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und damit die Attraktivität von Standorten“, stellt der IHK-Hauptgeschäftsführer grundsätzlich fest. Ohnehin schon krisengeschwächte Firmen mit höheren Steuern zu belasten, könne Erholungsprozesse ausbremsen und letztlich womöglich Arbeitsplätze kosten, weil weniger Geld für Investitionen bleibe.
Besonders kritisch sieht Jaeckel darum auch die aktuelle Entwicklung bei der Grundsteuer B im IHK-Bezirk. Für diese Steuer, die von den Städten und Gemeinden auf bebaute und unbebaute Grundstücke erhoben wird und damit auch Unternehmen belastet, haben 18 Kommunen ihre Hebesätze angehoben. Drei von ihnen besonders kräftig: Gladbeck um 100 Punkte von 750 auf 850 (Erhöhung der Steuerlast um 13,3 Prozent), Ochtrup von 412 auf 498 (+ 20,9 Prozent) und Lotte von 413 auf 479 (+ 16 Prozent). Sieben weitere Kommunen haben ihren Grundsteuerhebesatz um 36 Punkte erhöht (im Durchschnitt + 8 Prozent): Ahaus, Ascheberg, Borken, Ladbergen, Saerbeck, Stadtlohn und Vreden. Nur eine Kommune hat die Grundsteuer gesenkt: Ahlen von 547 auf 537.
Internet-Tipp
Tabellen und Karten mit den Gewerbe- und Grundsteuerhebesätzen aller 78 Städte und Gemeinden im IHK-Bezirk Nord Westfalen, sowie Tabellen zu den konkreten Steuerbelastungen („Gewerbesteuerrechner“), sind im Internet abrufbar unter: www.ihk-nw.de/gewerbesteuer