„Große Anerkennung für mich, wenn Kunden zufrieden sind“

„Große Anerkennung für mich, wenn Kunden zufrieden sind“
Wirtschaft

Das schafft heutzutage kaum noch jemand: 50 Jahre bei ein und demselben Arbeitgeber. Annegret Bockey, Privatkundenberaterin bei der Volksbank eG in Ahlen, hat das runde Jubiläum Anfang August erreicht. Im Interview blickt sie zurück auf bewegte Zeiten, in denen Frauen erst anfingen in der Bank Hosen zu tragen und die Kontoführung nur in Papierform abgewickelt wurde.

Frage: Frau Bockey, 1972 haben Sie Ihre Ausbildung bei der Volksbank eG beziehungsweise bei deren Vorgängerin, der Spar- und Darlehenskasse Ahlen eG, angefangen. 50 Jahre ist das jetzt her. Hätten Sie sich mal träumen lassen, dass Sie der Volksbank so lange treu bleiben?

Annegret Bockey: Ganz sicher nicht. Als ich die Ausbildung angefangen habe, war ich noch sehr jung, erst 15 Jahre alt. Ich war damals die jüngste Mitarbeiterin der Bank. Zusammen mit einer Freundin habe ich mich nach der mittleren Reife bei der Spar- und Darlehnskasse eG beworben und wir wurden beide auch als Auszubildende genommen. Im August 1972 begann meine Banklehre und diese Entscheidung habe ich bis heute nicht bereut.

Was hat Sie denn damals zur Volksbank beziehungsweise zur Spar- und Darlehnskasse geführt?

Ich habe mich vom Berufsbild des Bankkaufmannes, so wie es früher hieß, leiten lassen.
Natürlich hat auch die damalige Ausbildungsvergütung eine Rolle gespielt. Die Ausbildungsvergütung in der Bankenlandschaft war schon richtig gut. Das hat mich mit 15 Jahren dann auch noch zusätzlich in der Berufswahl bestätigt.

Welches Bild hatten Sie damals vom Beruf? Das war bestimmt noch ein bisschen anders als heutzutage, oder?

Es war ganz sicherlich anders. Der Beruf des Bankers hatte einen sehr hohen Stellenwert. Es gab viel Anerkennung, wenn man in einer Bank gearbeitet hat. Das war sicherlich anders als heute. Das Image der Banken hat ja aufgrund der Bankenkrise sehr gelitten. Wir als Volksbanker sind, genau wie die Sparkassen, mit einbezogen worden, obwohl wir keinerlei Subventionen oder Hilfen vom Staat nötig gehabt haben. Das hat man gerne in einen Topf geworfen.

Welche Aufgaben und Positionen haben Sie in all den Jahren bei der Bank bekleidet?

Nach der Ausbildung bin ich ins damalige Center B gegangen, einem der Kundencenter in der Hauptstelle Ahlen. Es folgten einige Seminare und Fortbildungen, die man als Privatkundenberater benötigte. Als im Jahr 1983 die Filiale an der Walstedder Straße eröffnet worden ist, bin ich dort Filialleiterin geworden. Bis 1994 war die Filiale an diesem Standort geöffnet. In dieser Zeit habe ich unsere beiden Kinder bekommen, habe aber auch nach einer jeweils zehn-monatigen Erziehungszeit als Privatkundenberaterin gearbeitet. Nach Schließung der Filiale bin ich zurück in die Beratung der Hauptstelle Ahlen gegangen. Hier habe ich mit einer Kollegin, ganz fortschrittlich im sogenannten Jobsharing, unsere Kunden beraten und betreut. Danach bin ich in die Baufinanzierung gewechselt. Hier habe ich noch meinen Kompetenznachweis als Baufi-Berater gemacht. Durch organisatorische Veränderungen in der Bank habe ich Vertretung im Vorstandssekretariat gemacht und war auch in unserem Telefonteam für kurze Zeit tätig. 2010 bin ich dann als Privatkundenberaterin in die Filiale Walstedde gewechselt. Auch in dieser Filiale war es eine tolle Zeit, in der man viele gute Kundenbeziehungen und vertrauensvolle Bindungen zu unserer Bank aufbauen konnte. Nun bin ich seit dem ersten Dezember 2021 wieder in der Hauptstelle Ahlen tätig. Auch hier bin natürlich auch weiterhin für unsere Kunden der Filiale Walstedde als Beraterin tätig.

Und bei den vielen unterschiedlichen Aufgaben, die Sie aufgezählt haben, was hat Ihnen besonders viel Freude gemacht in den vergangenen 50 Jahren?

Immer die Tätigkeit ganz nah beim Kunden, also in der Privatkundenberatung. Man hat mit so vielen unterschiedlichen Menschen und den verschiedensten Charakteren zu tun. Man kennt die Familienverhältnisse und weiß, wie die Menschen ticken. Es ist für uns als Berater eine große Anerkennung, wenn die Kunden zufrieden sind und unsere Beratung zu schätzen wissen.

Seit 2015 sind Sie zudem noch Vorsitzende des Betriebsrates. Das ist kein einfacher Job, oder?

Sicherlich nicht, da es natürlich bei einer Bank unserer Größe auch zeitaufwendig ist. Natürlich kommt es auch mal zu Konfrontationen oder Unstimmigkeiten mit unserem Arbeitgeber. Jedoch versuchen wir immer einen für beide Seiten lösungsorientierten Weg zu finden. Das ist uns in den letzten Jahren immer wieder gut gelungen. Wir dürfen nämlich nicht aus den Augen verlieren, dass unsere Bank wirtschaftlich arbeiten muss. Nur dann können wir unsere oberste Priorität umsetzen, nämlich die Sicherheit aller Arbeitsplätze. Ganz sicher ist auch, wer nicht diplomatisch sein kann, genau wie in jeder Demokratie, hat in so einem Gremium nichts verloren.

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Veränderungen in den letzten 50 Jahren?

Die größten Veränderungen sind die Automatisierung und die voranschreitende Digitalisierung. Früher mussten alle Kontoauszüge in Papierform in sogenannten „Kontentrögen“ in die einzelnen Kundenkonten eingestellt werden. Das war schon ein hoher Arbeitsaufwand. Am Ende eines Quartals oder gar zum Jahresende wurden Mitarbeiter schon mal nur dafür abgestellt. Heute geht vieles auf Knopfdruck und der Kunde kann Online Banking machen. Aber auch die regulatorischen Anforderungen sind zur Herausforderung in der Bankenwelt geworden. In der Privatkundenbank merkt man es ja an immer wieder neuen Anforderungen und Dokumentationspflichten. Früher wurde zwar auch dokumentiert, aber nicht in diesem Maße.

Verändert hat sich auch die Zahl der Banküberfälle, die glücklicherweise nur noch selten vorkommen. Wie viele Überfälle haben Sie in Ihrer Karriere erlebt?

Glücklicherweise habe ich nur einen Überfall hautnah erlebt. Das war in der damaligen Filiale an der Walstedder Straße in Ahlen. Tatsächlich wurden mein damaliger Kollege und ich filmreif mit vorgehaltener Waffe in die vorhandene Kassenbox gedrängt und zur Herausgabe des Geldes aufgefordert. Der Bankräuber war natürlich maskiert. Bei der Herausgabe aller Geldscheine wurde die Kamera über uns ebenfalls aktiviert. In dem Moment hörte man dieses Weiterklicken der

Kamera doch sehr laut und meine Sorge war, dass dieser Mensch es hören könnte. Dem war aber nicht so, denn er ließ sich nicht davon stören und verschwand mit 30.000 Mark.

Wie einschneidend war das für Sie?

In diesem Moment funktioniert man nur. Ich weiß noch, dass der Überfall gegen 11 Uhr morgens an einem langen Donnerstag war. Von der Polizei wurden mein Kollege und ich getrennt voneinander verhört. Danach sind wir gemeinsam zur Hauptstelle gefahren und haben frisches Geld geholt, um nachmittags die Filiale zu öffnen und dort weiterzuarbeiten. Wir haben weiter nicht darüber nachgedacht, es einfach abgehakt. Auch an eine psychologische Begleitung wurde damals nicht gedacht. Aber das hat sich in der heutigen Zeit geändert und das ist auch gut so. Wir beide haben aber keine Langzeitschäden davongetragen.

Wie war das denn damals für Sie in einer doch eher männerdominierten Branche zu arbeiten?

Mit 15 Jahren habe ich mir dazu keine großen Gedanken gemacht. Aber ich kann mich erinnern, dass kurz bevor ich anfing, eine Filialleiterin es durchgesetzt hat, dass auch Frauen in der Bank Hosen tragen durften. Damals gab es noch das Klischee, dass Frauen nur Röcke und Kleider und Männer nur Hosen tragen.

Die Banken haben sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Wie sehen sie die Zukunft der Branche?

Die Bankenwelt hat sich in den letzten Jahren rasant geändert. Die Fusionen zu größeren Banken werden weitergehen. Hier sehe ich aber keinen Nachteil. Für unsere jungen Kolleginnen und Kollegen bieten sich sicherlich auch Chancen sich weiterzuentwickeln. Außerdem denke ich, dass die enge Bindung zu unseren Kunden bestehen bleibt. Was auch sehr wichtig ist, dieses Potenzial dürfen wir als Volksbank nicht aus den Augen verlieren. Online Banking ist ein ganz wichtiger Bestandteil geworden, aber durch einen engen persönlichen Kontakt binden wir unsere Kunden langfristig an unsere Bank. Dazu gehört auch heute schon, dass wir mobiler werden und unsere Kunden auf Wunsch auch zuhause beraten.

Was würden Sie jungen Menschen auf den Weg geben, die gerade jetzt ihre Bank-Lehre anfangen?

Offen sein für alles Neue und sich während der Ausbildung überlegen, was mache ich besonders gerne und was liegt mir besonders. Grundsätzlich bin ich der Überzeugung: Erfolg kommt immer dann, wenn du tust, was du liebst. Denn bei allem was man gerne macht, wird man auch vieles erreichen und erfolgreich sein.

Sie würden jungen Menschen also nicht abraten, eine Ausbildung bei einer Bank zu machen?

Nein, auf keinen Fall. Ich denke, wir und die Banken im Allgemeinen bieten ein sehr vielfältiges Angebot für den beruflichen Werdegang. Neben der Kundenberatung gibt es die Marktfolgebereiche, das Controlling, das Prozessmanagement, das Marketing, das Kundenservicecenter und vieles mehr. Hier gibt es viele Chancen, für gelernte Banker und auch für Quereinsteiger.

Sie sind nun 65 Jahre alt. Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Das ganze nächste Jahr werde ich noch für die Volksbank eG tätig sein. Und wenn ich dann gehe, werde ich sicherlich mit einem lachenden und einem weinenden Auge gehen. Aber ich werde mich auf den neuen Lebensabschnitt freuen und einlassen und mir eine zusätzliche Beschäftigung suchen, die mich auch weiterhin ausfüllt. Ganz sicher werde ich mich auch wieder mehr meinem Klavier widmen und noch meine Italienischkenntnisse verbessern. Getreu dem Motto: Wer rastet, der rostet!

Freuen sich über 50 Jahre im Dienste der Volksbank: Vorstand Thomas Schmidt, Jubilarin Annegret Bockey, Vorstand Martin Weber und Personalchef Ulrich Webers (v.l.). Foto: Volksbank eG

Über die Volksbank eG:

Die Volksbank eG hat eine Bilanzsumme von 2,64 Millarden Euro und betreut etwa 107.000 Privat- und Firmenkunden. Persönlich, lokal und digital betreut die Volksbank eG ihre Kunden an 27 Standorten im Kreis Warendorf und im westlichen Kreis Gütersloh sowie über Online-Services und das hauseigene Kunden- ServiceCenter und das Mediale Beratungscenter. Als Genossenschaftsbank gehört die Volksbank eG ihren rund 58.000 Mitgliedern.