Der Name des renommierten Kunstmalers und Grafikers Wilhelm Götting (Metten 1901-1976 Warendorf) ist den meisten Warendorfern ein Begriff. Weitaus weniger bekannt ist jedoch seine ganz besondere Beziehung zur kaiserlichen Majolika-Manufaktur in Cadinen. Nach seinem Studium an der Kunstakademie Wien kehrte der Münsteraner Götting 1928 in seine Heimatstadt zurück und machte sich bald einen Namen als Landschafts- und Porträtmaler. Im Jahr des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion wurde er, mittlerweile fast 40 Jahre alt, zum Kriegsdienst eingezogen. Als Soldat in Elbing im Reichsgau Danzig-Westpreußen stationiert, gelang es ihm auch in dieser Situation, mit seinen künstlerischen Talenten zu punkten. Der Nachlass des Malers enthält zwei Briefe, aus denen hervorgeht, dass Wilhelm Götting 1943/44 wohl einige Male auf dem früheren Landsitz Wilhelms II. in Cadinen zubrachte, um die Familie des dort in diesen Jahren residierenden Prinzen Louis Ferdinand von Preußen zu porträtieren. In den Briefen an seine Frau Martha berichtet Wilhelm Götting, wie zufrieden und begeistert der Prinz von seinen Werken war, so dass er dem Künstler sogar in Aussicht stellte, als „[…] künstlerischer Freund und Berater [zu bleiben], besonders auch später für den Ausbau des Majolikawerkes“. Martha Götting wurde im Oktober 1944 mit ihren vier Kindern aus Münster nach Warendorf evakuiert. Hier baute sich Wilhelm, der das Kriegsende in Jena erlebte, nach seiner Rückkehr aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft ab Sommer 1945 eine neue Existenz auf und wurde zu einem der bedeutendsten Künstler der Stadt. Die in Cadinen gefertigten Porträts der Prinzenfamilie gingen leider in den Kriegswirren verloren. Neben Ölbildern, Grafiken und Aquarellen von der westpreußischen Haffküste und des Fischerhafens Tolkemit hält die Familie, in Erinnerung an diesen Abschnitt der Lebensgeschichte ihres Vaters eine Cadiner Vase aus den 1930er Jahren in Ehren. Nur noch im Gedächtnis der Kinder wird eines anderen Souvenirs der Familiengeschichte erinnert: Ein Aschenbecher mit der kaiserlichen Krone und den Initialen LF (für Louis Ferdinand), der Wilhelm vom Prinzen selbst als Ausdruck seiner besonderen Verbundenheit geschenkt wurde. Mit dem Aufbringen seiner Initialen griff Louis Ferdinand eine Gepflogenheit seines Vaters Wilhelm II. auf, des Gründers der Keramikmanufaktur. Zu sehen sind vergleichbare keramische Erinnerungsstücke in der aktuellen Sonderausstellung CADINEN. Des Kaisers Kunst und Kitsch im Westpreußischen Landesmuseum. Sie zeugen von den vielfältigen persönlichen Bindungen unterschiedlichster Personen zu den kunstvollen Stücken aus Cadiner Produktion. Bis zum 5. Juni 2022 im Westpreußischen Landesmuseum. Dienstag bis Sonntag 10 – 18 Uhr.
Westpreußisches Landesmuseum
Klosterstraße 21 – 48231 Warendorf
www.westpreussisches-landesmuseum.de