Ahlen. Probleme und Krisen in Familien existieren, seit es familiäre Strukturen gibt. Oft trat früher in solchen Fällen die Familie zusammen, um sich über das Problem zu beratschlagen. Das Konzept FamilienRat greift diesen Lösungsansatz mit Unterstützung von Fachkräften auf. Als niederschwelliges Angebot hat sich die Methode in der Kinder- und Jugendhilfe bewährt. Sie wird für Situationen genutzt, in denen Familien sich in schwierigen Lebenssituationen befinden und die Unterstützung von Verwandten, Freunden oder Nachbarn benötigen. Professionelle Hilfe leistet dabei der Koordinator/ die Koordinatorin für FamilienRat oder Familien-Gruppen-Konferenzen, zu denen sich kürzlich Fachkräfte des SkF (Sozialdienst katholischer Frauen) e.V. im Kreis Warendorf und Mitarbeiter des Jugendamtes der Stadt Beckum unter Einhaltung strenger Hygiene- und Abstandsregeln an drei Tagen fortgebildet haben.
Wenn Eltern und Kinder erhebliche Probleme miteinander haben, oder wenn beispielsweise Sorgerechtsstreitigkeiten gelöst werden oder Besuchsrechte geregelt werden müssen, dann kann der Familienrat zum Einsatz kommen. Der FamilienRat ist ein Verfahren zur aktiven Beteiligung der Familie und ihres Netzwerkes in der Problemlösung, Entscheidungsfindung und Hilfeplanung. Im Mittelpunkt steht dabei immer das Wohl des Kindes. Der Ursprung des Familienrats liegt übrigens in Neuseeland und findet heute Anwendung in mehr als 20 Ländern.
Die grundlegende Philosophie des FamilienRates greift den Ansatz „Hilfe zur Selbsthilfe“ auf: Familien sind besser als Fachkräfte in der Lage, einen Plan zu erstellen, um ihr eigenes Wohlergehen zu sichern. Die Familie soll befähigt werden, gemeinsam mit ihrem sozialen Netzwerk kreative, umsetzbare und nachhaltige Ideen und Lösungen für ihre lebensweltlichen Herausforderungen zu entwickeln.
An einem FamilienRat können Familienmitglieder, Freunde oder zum engeren Familienumfeld gehörige Personen teilnehmen. Meistens besteht der FamilienRat aus sechs bis acht Personen. „Gerne dürfen es aber auch zehn bis 15 Personen sein, je größer der Personenkreis, umso besser, denn dann können mehr Lösungsideen präsentiert werden“, Sozialdienst Katholischer Frauen e.V. Kreis Warendorf macht Andreas Prause, Ausbildungsleiter, Dipl.- Sozialarbeiter und Koordinator für FamilienRäte, deutlich.
Nachdem die Jugendämter den Auftrag erteilt haben, beginnt die Arbeit der Koordinatoren. Deren Aufgabe besteht darin, die Familien in diesem Prozess unparteilich zu begleiten und das Procedere zu erläutern. “Letztendlich unterstützen sie die Familie dabei, dass sie ihre Probleme selbst löst“, gibt Prause weiter zu verstehen.
Dadurch, dass die Familie selber die Verantwortung für die Lösung ihrer Konfliktlagen übernimmt, erzeugt dies eine nachhaltige Motivation, es entstehen neue Ideen und das Wir-Gefühl wird gestärkt. „Die Erfolgsquote der Einberufung von FamilienRäten liegt übrigens bei 75 Prozent“, bilanziert Prause.
Jeder FamilienRat erfolgt einer bestimmten Struktur: Zunächst erklären alle Beteiligten, wie sie die Situation sehen, was ihnen Sorgen bereitet und welche hilfreichen Stärken sie in der Familie erkennen. Danach beginnt die Zeit, in der die Familie einen Plan zur Lösung erarbeiten kann. Die Ergebnisse werden schriftlich festgehalten. Die Familie stellt der Koordinatorin/ dem Koordinator den Plan vor und versucht, diesen in einem bestimmten Zeitraum konkret umzusetzen. Nach acht bis zwölf Wochen findet eine erneute Familienkonferenz statt, in der Bilanz gezogen und eventuell Korrekturen vereinbart werden.
„Die Ausbildung zum/ zur FamilienRat-Koordinator*in ermöglicht den Teilnehmenden, das Verfahren im Detail kennenzulernen, die Rolle des Koordinators/ der Koordinatorin zu üben und den FamilienRat qualifiziert durchführen zu können“, erklärt Andreas Prause.
Inhaltliche Schwerpunkte der Ausbildung waren u.a. die Geschichte und aktuelle Entwicklung des FamilienRates, Rolle und Aufgaben des Koordinators, Hintergründe zu Konzeption und Verfahren, Ablauf und Phasen des FamilienRates von der Begrüßung bis zum Plan, praktische Anwendungsbeispiele und persönliche Voraussetzungen.
Die Fachkräfte des Skf e.V. im Kreis Warendorf möchten die Methode zukünftig als neues, wirksames Lösungsmodell etablieren. Der FamilienRat erweist sich dabei zudem als eine sehr qualifizierte fachliche Methode, die sich zugleich hinsichtlich Personaleinsatz und Wirtschaftlichkeit als enorm ressourcenschonend präsentiert. Sozialdienst Katholischer Frauen e.V. Kreis Warendorf
Unter der Leitung von Andreas Prause (Bild links), Koordinator für FamilienRäte, haben sich die Mitarbeiter*innen des SkF e.V. im Kreis Warendorf und der Stadt Beckum zum Koordinator für FamilienRat/ Familien-Gruppen-Konferenzen ausbilden lassen.